ObstWiesenVielfalt – kleines Projekt, große Wirkung
Der Landkreis Roth war und ist seiner Zeit deutlich voraus. Schon 2016 erkannte das Landratsamt Roth mit der Unteren Naturschutzbehörde die große Bedeutung der Streuobstwiesen. ObstWiesenVielfalt wurde ins Leben gerufen und mit dem Landschaftspflegeverband Mittelfranken und in Kooperation mit vielen Akteuren umgesetzt. Eine Initiative zum Erhalt und zur Förderung von Streuobstwiesen, deren Entwicklungen sogar in den 2021 beschlossenen Bayerischen Streuobstpakt eingeflossen sind.
Am vergangenen Freitag eröffneten Landrat Schwarz und Thalmässings Bürgermeister Mailinger feierlich den neu entstandenen Lehrpfad am Landeck in Thalmässing. Unter den alten, knorrigen Streuobstbäumen beginnt der Pfad und nimmt kleine und große Bürger*innen mit auf die Reise z.B. zu Fridolin, dem freundlichen Apfelbaum, zum Muttergarten – einer Besonderheit des Landecks und zu einer unglaublichen Sortenvielfalt, die eigens ein Pomologe – ein Apfelbaumkenner –im Rahmen des Projektes bestimmt hat.
Streuobstwiesen und -weiden sind alte Kulturgüter, deren Entstehung und Nutzung dem menschlichen Wirken zu verdanken ist. Das Wissen um ihre Pflege und um die Verarbeitung des Obstes ist jahrhundertealte Tradition. Von dieser Tradition zeugen auch viele Obstbäume am Landeck. Der Thalmässinger Dekan Müller pflanzte diese mit dem im Jahr 1894 gegründeten Obstbauverein, um die Bevölkerung im Winter mit wichtigen Vitaminen und Nährstoffen zu versorgen, weiß Günther Heinl, der langjährige Landeckkenner und Praktiker. Ein weiterer Grund also das so wertvolle Obst von den hohen Streuobstbäumen gebührend zu schätzen und eines der gefährdetsten Ökosysteme Mitteleuropas zu erhalten. Für viele z.T. stark gefährdete Tier- und Pflanzenarten wie Grünspecht, Wendehals, Wiedehopf, Ameisen, Insekten, Igel, Siebenschläfer und Orchideen sind Streuobstbestände wichtige Ersatzbiotope und letzte Rückzugsgebiete.
Das Projekt ObstWiesenVielfalt des Landkreises Roth kann auf erfolgreiche Jahre beim Erhalt der Streuobstwiesen zurückblicken: 867 neu gepflanzte Streuobstbäume, Obstbaumschnitt an 836 alten, wertvollen Streuobstbäumen, 9 Obstbaumschnittaktionen mit ingesamt rund 180 Kindern und Erwachsenen aus verschiedenen Vereinen und Dorfgemeinschaften, Entbuschungen auf über 50 Flächen, Mahd und Beweidung von Streuobstwiesen, Hutungen und blütenreichen Wiesen, die Unterstützung der weidetierhaltenden Betriebe, zahlreiche Beratungen von Gemeinden und privaten Streuobstwiesenbesitzer*innen und die Kartierung alter und seltener Obstsorten und wertgebender Tierarten – das sind die Ergebnisse der Kooperation zum Schutz der Streuobstwiesen.
Nur die gute Zusammenarbeit von Landratsamt Roth, Unterer Naturschutzbehörde, Landschaftspflegeverband Mittelfranken mit Gemeinden, Kreisgartenfachberatung, Obst- und Gartenbau Vereinen, Landwirten, Privatpersonen, Baumwarten, Dorfgemeinschaften, Weidetierhaltern und anderen Aktiven ermöglichte dieses Ergebnis. Hierfür möchten wir uns recht herzlich bedanken!
Alle Akteure leisten mit ihrer Unterstützung einen wertvollen Beitrag zum landesweiten Biotopverbund, zum Insekten- und Artenschutz und zur Umsetzung der Bayerischen Biodiversitätsstrategie.
Am Landeck wird die gute Zusammenarbeit ebenfalls sichtbar. Obst- und Gartenbauverein, Baumpaten, Schäfer, Gemeinde, engagierte Privatpersonen und Landschaftspflegeverband kümmern sich um den Erhalt der wertvollen Hutung und unterstützen einander. Die Sortenkartierung entdeckte im Landkreis seltene Apfel- und Birnbäume. Diese wurden im Rahmen von ObstWiesenVielfalt vermehrt und im Jahr 2021 konnten zwanzig seltene Apfel und Birnbäume auf dem Landeck nachgepflanzt werden. So ist für Nachwuchs gesorgt, denn so wunderschön und wichtig die alten Baumgestalten sind, so wichtig ist es auch, dass junge, vitale Bäume nachwachsen. Das Wissen zum Streuobst, seine Bedeutung als schützenswerter Lebensraum, wertvolle Nahrungsquelle und Kulturgeschichte gibt nun der Lehrpfad am Landeck an all seine kleinen und großen Besucher*innen weiter.
Zur Feier des Tages stießen alle Anwesenden mit heimischem Streuobst-Apfelsaft auf die gemeinsamen Erfolge an. Und man ist sich einig – alle Beteiligten wollen sich weiterhin für den Erhalt und die Neuanlage von Streuobstwiesen im Landkreis Roth engagieren.
Das Projekt ObstWiesenVielfalt wird aus Ersatzgeldern des Landkreises Roth finanziert, viele Maßnahmen erhielten zudem eine Förderung des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz über die Regierung von Mittelfranken und des Bezirks Mittelfranken.
Hintergrund:
Das Projekt ObstWiesenVielfalt des Landkreises Roth ermöglichte 2016 die Erfassung der Streuobstbestände in Heideck, Spalt und Thalmässing. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen werden seit 2017 Gemeinden, Vereine, Bürger und Bürgerinnen beim Erhalt Ihrer Streuobstwiesen, mit Schwerpunkt in den Gemeinden Georgensgmünd, Heideck, Röttenbach, Spalt und Thalmässing unterstützt. Wenn Sie gerne weitere Informationen hätten z.B. eine Streuobstwiese anlegen oder entbuschen oder Streuobstbäume nachpflanzen möchten, melden Sie sich gerne bei:
Anna Schön (Tel.: 09171 811439) vom Landratsamt Roth (Mail: naturschutz@landratsamt-roth.de) oder Nicole Menzel (Tel.: 0981-4653-3527, menzel@lpv-mfr.de) vom Landschaftspflegeverband Mittelfranken